Mittwoch, Mai 18

Filmkritik: Somewhere


Zur Feier der diesjährigen Filmfestival-Saison grabe ich Sofia Coppolas vierte Regiearbeit aus, die 2010 den ‚Goldenen Bären‘ bei den Filmfestspielen in Venedig gewann. Gleich vorweg: Die Kategorie muss den Namen „Langweiligster Film des Jahres“ getragen haben, anders lässt sich kaum erklären, was die Jury rund um ihren Vorsitzenden Quentin Tarantino an „Somewhere" nur finden konnte.


Ach, das Leben als hochbezahlter, berühmter und gefragter Schauspieler kann so schwer sein: Ständig ist man auf Reisen zu den schönsten Städten der Welt, teilt das Bett jeden Abend mit einem anderen, bildhübschen Model und sitzt sich den Arsch bei Interviews und Pressekonferenzen in teuren Hotels platt; da bleibt natürlich keine Zeit, einmal abzuschalten und sich nur mit sich selbst zu beschäftigen. In „Somewhere“ muss StephenDorff diese schmerzliche, für normale Menschen eigentlich unvorstellbare Erfahrung machen und gerät im Zuge dessen in eine Sinnkrise, die die Regisseurin Coppola 90 Minuten lang mit minimalen Mitteln und größtmöglichem Ennui auf der Leinwand ausbreitet.


Schon die erste Einstellung macht deutlich, wohin die Reise geht, nämlich nirgends: Ein teures, schnelles Auto fährt minutenlang seine Runden, immer wieder und wieder zieht es lautstark an der Kamera vorbei, und wem hier vor lauter Langeweile schon die Augen zu fallen, sollte direkt aufgeben. Viel zu oft verharrt die Kamera für mehrere Minuten auf einer Szenerie, in der schlicht nichts passiert, ohne auch nur den Anschein eines Plots zu vermitteln. Mal liegt Stephen Dorff im Bett, mal hört er einem Musiker zu, dann wieder steht er unter der Dusche. Viel zu sagen hat die Hauptfigur nicht, aber reden gehört wohl auch nicht zu Dorffs größten Stärken – das wird spätestens klar als Elle Fanning als seine Tochter die Bühne betritt und den Film wenigstens zeitweise aus dem Tal der Tränen rettet. Bis dahin aber muss man sich durch immer neue, zusammenhanglose Episoden kämpfen, die selbst als ausgekoppelte Kurzfilme klar machen könnten, worum es hier geht: Geld und Ruhm allein machen nicht glücklich. Für diese Erkenntnis genügen eigentlich ein paar Wörter, Sofia Coppola aber braucht für diese Botschaft einen gesamten Film.


Die Intention, den Mythos der Traumfabrik ein wenig aufzubrechen und hinter die Kulissen des Lebens der Reichen und Schönen zu schauen ist durchaus löblich, allerdings bleiben langweilige Menschen mit oberflächlichen Leben auch auf der Leinwand leider genau das, nämlich langweilig. Wo es keinen Konflikt und keine Gefahr gibt, gibt es keine interessante Geschichte, und wo es keine Charaktere gibt, für die etwas auf dem Spiel steht, kann schlicht kein guter Film entstehen; diese Lektion hätte Coppola vielleicht schon nach dem ähnlich belanglosen „Marie Antoinette“ lernen sollen.


So bleibt nach Anschauen von „Somewhere“ nur das fahle Gefühl, hohle Menschen bei belanglosen Tätigkeiten beobachtet und damit seine Zeit verschwendet zu haben, zumal es einen viel billigeren und schnelleren Weg gibt, zu diesem Ergebnis zu gelangen: Einfach mal aus dem Fenster gucken.



Fazit: Wem hier nicht die Füße einschlafen, der hat keine mehr.

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