Montag, September 26

Filmkritik: Hanna

Meine Damen und Herren, die Sommerpause ist vorbei und ein ganzer Haufen an Filmen, die über die letzten paar Wochen erschienen sind, wartet nur darauf, in der Luft zerrissen oder in den Himmel gelobt zu werden. Den Anfang macht Joe Wrights neuester Film „Hanna“, der in Deutschland unter dem (wieder einmal nutzlos übersetzten) Namen „Wer ist Hannah?“ in die Kinos kam, und der trotz seiner verheißungsvollen Prämisse und einem Ensemble an sehr guten Schauspieler leider hinter seinen Ambitionen zurückbleibt.


Hanna (Saoirse Ronan [ˈsˠiːɾˠʃə]) wächst in der Einöde des finnischen Hinterlands auf und wird von ihrem Vater (Eric Bana) von Geburt an in verschiedenen Disziplinen unterrichtet. Darunter: Französisch, Deutsch, Töten, Überleben. Als die 16-jährige sich eines Tages entschließt, ihre Isolation aufzugeben, begibt sie sich auf den Weg, den ihr Vater ihr vorgezeichnet hat: Den Weg der Rache.


Regisseur Joe Wright zählt spätestens seit seiner überragenden Literaturverfilmung „Abbite“ zu den vielversprechendsten Regisseuren der Moderne; umso schlimmer ist es dabei, dass er aus all den guten Zutaten und trotz seiner Erfahrung keinen guten Film gemacht hat. Was in der Kurzbeschreibung wie ein knallharter, packender Revenge-Thriller klingt ist unter dem Strich eher Art-House-Streifen als alles andere und fällt auf den letzten paar Meter gar völlig in sich zusammen.


Klar, die spärliche gesäte Action ist eiskalt choreographiert, rasant geschnitten und Saoirse Ronan macht ihre Sache als Titelheldin so erschreckend gut dass man kaum fassen kann, dass dieses Mädchen erst 17 ist. Das Problem des Films liegt aber in seiner tonalen Unebenheit. Während man in der ersten halben Stunde glaubt, den Stil und Look des Streifens verinnerlicht zu haben, dreht sich der Film innerhalb kurzer Zeit von einem Action-Film mit psychologischen Elementen zu einem langsamen, stellenweise ziellosen Coming-Of-Age-Drama, das nur kaum etwas mit der ersten halben Stunde zu tun hat. Als Beispiel hierfür sei eine Szene erwähnt, in der einer der Antagonisten in einem leeren Club angeworben wird, während auf der Bühne eine Drag-Queen ihr Programm abspielt. Untermalt wird diese seltsame Szene von unpassender Musik und einem fast schon satirischen Dialog.


Diese unterschiedlichen Elemente passen selten zusammen und machen „Hanna“ zu einer verpassten Chancen für Wright, seinen Ruf als große Regiehoffnung zu untermauen, aber auch zu einem weiteren Grund, Saoirse Ronan eine große Karriere zu prophezeien. Wer sich allerdings einen modernen Thriller wünscht, in dem Rache noch Blutwurst ist, wird von „Hanna“ – wie auch ich – leider enttäuscht werden.


Fazit: Viel verschenktes Potenzial, aber dafür mit starker Performance der Darstellerriege. Kann man schauen, muss man aber nicht.

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